Der letzte Beitrag zur Beitragsserie Faszination Lepidoptera ist mittlerweile eine halbe Ewigkeit her – vielleicht auch schon eine dreiviertel Ewigkeit. Die Ursachen für meine akute Schreibaversion sind vielschichtig, aber primär dafür verantwortlich sind wohl die Nebenwirkungen des relativ spontanen Ultratrail-Abenteuers am höchsten Berg Deutschlands. Naja, wie auch immer – denn meine aktuelle Motivationslage zum Verfassen von Blogbeiträgen soll in diesem Beitrag eigentlich nicht das Thema sein. Vielmehr möchte ich eine Schmetterlingsart von den zahlreichen Arten vorstellen, die in der Zwischenzeit meinen Weg gekreuzt haben. [975 more words]
Dass ich mich dann doch wieder aufraffen konnte, um diesen Beitrag zu verfassen, liegt vor allem daran, dass ich den sonntäglichen Tatort mit Ballauf und Schenk schon kannte und auch sonst nichts in der Glotze lief, was in irgendeiner Weise sehenswert gewesen wäre. Aus diesem Grund habe ich die mir zufällig gegebene Zeit dazu genutzt, um zumindest damit anzufangen, diesen Beitrag zu schreiben.
In den letzten Tagen hat eine Schmetterlingsart meine Aufmerksamkeit in besonderem Maße auf sich gezogen, was aber in dem Fall weder an der Seltenheit der Spezies noch an ihrer ausgefallenen Farbenpracht gelegen hat, sondern damit zusammenhing, dass es mir in relativ kurzer Zeit von 3 Tagen gelungen ist, sowohl vom männlichen Falter als auch vom weiblichen Falter und dazu aus allen Perspektiven relativ brauchbare Aufnahmen zu machen.
Dieser glückliche Umstand wäre ja schon mehr als genug Anlass für einen Beitrag gewesen, aber es sollte noch besser werden. Denn bei dieser Spezies, der dieser Beitrag gewidmet sein soll, konnte ich zum ersten Mal überhaupt einen Paarungsakt live in Natura beobachten und fotografisch festhalten, was die Sammlung an theoretisch-möglichen Fotomotiven zu dieser Schmetterlingsart komplettiert. Ok, die Aussage muss noch dahingehend relativiert werden, dass es bei dieser Betrachtungsweise ausschließlich um mögliche Motive der ausgewachsenen Falter geht. Denn Ei, Raupe und Puppe habe ich ja bisher auch noch nicht vor die Linse bekommen, geschweige denn in der Natur zu Gesicht bekommen.
Wer das Titelbild gesehen hat und sich ein wenig mit Schmetterlingen auskennt, der weiß natürlich schon, um welchen Schmetterling es in diesem Beitrag gehen wird. Für alle anderen sei gesagt, dass es um das Große Ochsenauge (maniola jurtina; Eng. Meadow brown) gehen wird. Aufgrund des großen Nahrungsspektrums ist das Große Ochsenauge der wohl mit am häufigsten vorkommende Falter in Deutschland und wohl auch in Europa. Das Große Ochsenauge (Maniola jurtina) gehört innerhalb der Familie der Augenfalter (Satyridae) zur Gattung Maniola.
Da diese Spezies einen ausgeprägter Sexualdichroismus zeigt, lassen sich bei dieser Schmetterlingsart die männlichen Falter auch von Laien sehr gut von den weiblichen Faltern unterscheiden – zumindest wenn man die Flügeloberseiten betrachtet. Bei den männlichen Exemplaren dominiert auf den Oberseiten der Flügel eine dunkelbraune Grundfärbung. In der Nähe der Basis auf den Vorderflügeln ein befindet sich zudem ein Bereich, der wesentlich dunkler ist und als Duftschuppenfleck (Androkonien) bezeichnet wird. Die Duftschuppen oder Androkonien sind ein spezieller Schuppentypus, der in Verbindung mit den Duftdrüsen steht, und um etherische Öle abzusondern. Durch diese Schuppen werden also die Sexuallockstoffe nach außen befördert. Daneben tragen die männlichen Falter in der Nähe der Spitze des Vorderflügels auf der Oberseite je einen schwarzen Augenfleck, der einen weißen Kern besitzt und orange eingerahmt ist.
Bei den weiblichen Faltern des Großen Ochsenauges ist die Oberseite der Flügel ebenfalls dunkelbraun. Ihnen fehlen allerdings die Duftschuppen auf den Vorderflügeln. Stattdessen haben sie in der Mitte der Vorderflügel einen orange gefärbten Fleck, der hinsichtlich der Farbintensität individuell variieren kann. Wie die Männchen haben auch die Weibchen in der Nähe der Spitze des Vorderflügels auf der Oberseite einen Augenfleck, der wie bei den Männchen gefärbt ist, aber deutlich größer ist.
Die Färbung der Flügelunterseiten ist bei den beiden Geschlechtern des Großen Ochsenauges sehr ähnlich. Die Vorderflügel sind auf der Unterseite orange und zeigen einen graubraunen Rand. An derselben Stelle wie auf der Flügeloberseite ist dort ein schwarzer Augenfleck mit weißem Kerns vorhanden. Außerdem ziert eine helle Binde den hinteren Bereich der Hinterflügel-Unterseite, die man bei dem Weibchen auf dem Foto (mit den ausgeklappten Flügeln) deutlich erkennen kann.
Große Ochsenaugen bevorzugen offene Habitate, die trocken bis mäßig feucht sein können. Meine Exemplare habe ich auf einer Trockenwiese mit zahlreichen Blütenpflanzen und diversen Gräsern beobachten können. Die beiden dominierenden Nektarpflanzen waren dort blühende Disteln und Unmengen an Wiesen-Flockenblumen, was im Nachhinein wenig überraschend ist, da die Falter relativ genügsam sind, was die Nahrung betrifft und daher vieler verschiedenster Pflanzen abfliegen, wobei violette Blüten ganz klar bevorzugt werden. Da das Große Ochsenauge kein Nahrungsspezialist ist, der nur auf wenige Nahrungspflanzen spezialisiert ist, findet er so gut wie überall geeignete Habitate, um satt zu werden, was ihn zu einen der häufigsten Schmetterlinge in Deutschland macht.
Die Flugzeit des Großen Ochsenauges erstreckt sich von etwa Anfang Juni und dauert bis circa Anfang September. Wobei die Weibchen des Großen Ochsenauges im Frühjahr erst sehr viel später als die Männchen erscheinen. Aus diesem Grund kann man zu Beginn der Zeit des Großen Ochsenauges ausschließlich die männlichen Individuen bei ihren Patrouillenflügen beobachten. Die Spezies fliegt in nur einer Generation und die Überwinterung erfolgt als Raupe.
Bei der Paarung, die ich hier, so wie geschrieben, erst zum allerersten Mal live und in Natura beobachten konnte, berühren sich die Falter mit ihren Hinterleibern. Wobei die beiden Kopulations-Apparate mechanisch dermaßen fest miteinander verbunden sein müssen, dass das durch mich aufgeschreckt Schmetterlingspaar fest zu einem Gesamtkörper verbunden zum nächsten Grashalm davon flog. Welche Mechanik beim Geschlechtsakt der Falter zum Tragen kommt entzieht sich meiner Kenntnis genauso wie die Anatomie der Geschlechtsorgane und die Physiologie der Korpulation.
Naja, das soll es dann auch schon wieder zum Großen Ochsenauge gewesen sein. Sobald bei mir mal wieder freie Zeitkapazitäten und ein Mindestmaß an Motivation an einem Tag zusammenkommen sollten, wird der nächste NRW-Schmetterling porträtiert. Wenn ihr noch irgendwelche spannenden oder ergänzenden Informationen zum Großen Ochsenauge zu erzählen habt, oder ich irgendwas falsch wiedergegeben habe, dann nutzt für Euer Feedback ganz einfach die Kommentarfunktion unter diesem Beitrag…
In dem Sinne – keep on Running, Rock n‘ Roll & immer dran denken mit offenen Augen sieht man mehr vom Weg!!!
QUELLENVERZEICHNIS (STAND: 15.07.2019)
Großes Ochsenauge
https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/insekten-und-spinnen/schmetterlinge/tagfalter/26454.html
https://www.deutschlands-natur.de/tierarten/tagfalter/grosses-ochsenauge/
http://www.schmetterling-raupe.de/art/jurtina.htm
https://www.welt-der-schmetterlinge.de/
Hier geht’s zum ersten Beitrag der Serie Faszination Lepidoptera mit dem Tagpfauenauge, dem Zitronenfalter und dem Kleinen Fuchs:
Hier geht’s zum zweiten Beitrag der Serie Faszination Lepidoptera mit dem Aurorafalter:
Hier geht’s zum vierten Beitrag der Themenreihe Faszination Lepidoptera mit dem Rapsfalter:
Hier geht’s zum vierten Beitrag der Themenreihe Faszination Lepidoptera mit dem Waldbrettspiel:
Hier geht’s zum fünften Beitrag der Themenreihe Faszination Lepidoptera mit dem Großen Ochsenauge:
Hier geht’s zum sechsten Beitrag der Themenreihe Faszination Lepidoptera mit dem Braunen Waldvogel:
Wunderbar. Das Große Ochsenauge ist auch bei uns sehr häufig. Mir kommt vor, es profitiert von den wärmer werdenden Sommern. Aber eine Paarung habe ich noch nie gesehen. Gratulation.
Liebe Grüße, Richard
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Danke, Danke, aber ich denke, das ist alles nur eine Frage des passenden Spots!!
Was Deine „Sommer-Theorie“ betrifft, fehlt mir der Vergleich zu den Vorjahren, aber hier bei uns scheint Deine Vermutung aktuell aufzugehen. Im Frühjahr empfand ich lange Zeit die Kohlweißlinge von der Beobachtungshäufigkeit als dominierend – aber aktuell müssen die Bedingungen für die Ochsenaugen echt supi sein.
Wobei meine beschränkte Wahrnehmung auch damit zusammenhängt, dass ich eine verwaiste-riesige Trockenwiese (60mx60m) mit allerlei Nektarpflanzen entdeckt habe – ein richtiges Meer aus Flockenblumen, Disteln, Wilder Möhre und unzähligen Süßgräsern und ich in letzter Zeit regelmäßiger dort auf Schmetterlings-Safari war?!
Was die Paarung betrifft, so habe ich auf dieser Wiese mittlerweile an mehreren Tagen welche beobachten können, was aber bei der Falteranzahl auf der offenen Fläche echt nicht selten zu sein scheint. Heute Nachmittag sind mir zufälligerweise kopulierende Raps-Weißlinge über den Weg geflogen – aber das war reiner Zufall – trotzdem die Datenmenge an Bildmaterial wächst und wächst …
Also nochmals besten Dank für Dein Kommentar & VG Christian
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Eine sehr schöne Serie , ganz besonders gut gefallen mir die Fotos von den Aurorafaltern. Hier braucht es sehr viel Geduld, den dauerhibbeligen Falter mal sitzend zu erwischen. Also klasse fotografiert.👍👍👍
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Oh ja, wenn Tageszeit, Temperatur oder Wetter irgendwie nicht zusammenpassen, dann braucht es entweder Glück oder ganz viel Geduld und meine Geduld war an dem Tag so gut wie am Ende. Eigentlich hatte ich es auch schon aufgegeben und war ein wenig gefrustet auf dem Rückweg. Doch dann flatterte etwas Orange-Weißes aus dem Nichts des Brombeergebüsches und hockte sich unmittelbar vor mir auf das Pflanzenblatt und blieb da auch sitzen. Und als er dann auch noch seine Flügel komplett ausbreitete, hatte ich einen Puls von 180 und musste noch die schon verstaute Cam aus dem Rucksack holen…
Aber ich denke genau diese Momente & der Überraschungseffekt macht einen großen Teil meiner Faszination aus. Was das Fotografieren betrifft, habe ich eigentlich überhaupt keine Ahnung – die LUMIX FZ82 macht zum Glück so gut wie alles alleine…
Also besten Dank für Dein Kommentar & Viele Grüße Christian
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